In der Suchtpolitik geht es um jenen gesellschaftlichen und individuellen Umgang mit psychoaktiven Substanzen oder mit Verhaltensweisen mit Suchtpotenzial, der gesundheitspolitisch relevant ist. Dabei ist wichtig, dass nicht nur Abhängigkeit und ihre Folgen, sondern bereits schädliche Gebrauchsformen sowie Gewohnheitskonsum und -verhalten in ihrem gesellschaftlichen Kontext gesehen werden. Bei ihren Bemühungen, die Suchtbelastung der Bevölkerung zu verringern, stoßen gesundheitspolitische Aktivitäten auf ein Spannungsfeld von Individuum, Gesellschaft, Staat und Markt, dass aus suchtpolitische Widersprüchen und Zielkonflikten mit festgefahrenen Positionen besteht, die auch von Fehleinschätzungen und Verdrängungen gekennzeichnet sein können. Solche Zielkonflikte bestehen spezifisch für alle Substanzen und Substanzgruppen und müssen für jedes gesundheitsgefährdende Verhalten einzeln betrachtet werden. In die Auseinandersetzung fließen in aller Regel ideologische, finanzielle und ordnungspolitische Interessen und Überlegungen ein.
Auch bezüglich Alkohols muss ausgehandelt werden, wo persönliche Freiheit endet und Bestimmungen des Gesundheitsschutzes eingeführt werden sollen. Ein stark marktregulierender Ansatz stößt hier weder auf die Akzeptanz der Gesellschaft noch ist er anschlussfähig an wirtschaftliche Interessen. Während aber Alkoholkonsum als Ausdruck persönlicher Freiheit und Verantwortung verstanden wird, wird gleichzeitig vom Staat eingefordert, die Konsequenzen für die negativen Folgen des Konsums zu tragen. Es ist jedoch nicht einzusehen, weshalb der Staat alle Folgekosten von Produkten und Dienstleistungen finanziell verantworten soll, ohne auch deren Preisgestaltung, Marketing und Vertrieb zu beeinflussen.
Viele der in der Suchtpolitik notwendigen Präventionsmaßnahmen haben diese gesellschaftliche Akzeptanz noch nicht erreicht, obwohl sie darüber mitentscheiden, ob das suchtpolitische Hauptziel – die Inzidenzreduktion gefährlichen Substanzkonsum- und Suchtverhaltens – überhaupt erreicht werden kann.